Cenours Resume nach 1 Jahr

Heute, Mittwoch den 12. September 2007, ist es ein Jahr her, dass ich nach Deutschland gekommen bin.

Wer es noch nicht weiss, ich heisse Cenour-Kimura. Kimura kam aber erst dazu, als ich hier offiziell zum Zweithund wurde. Cenour ist Portugiesisch und kommt von cenoura was Rübe/Möhre heisst. Also werde ich hier auch manchmal Rübennase genannt. Unverschämtheit, aber ich nehme es hin, denn warum sollte ich meinen ehemaligen Pflegeeltern böse sein?
Ich erzähle euch mal, wie es mir im vergangenen Jahr ergangen ist. Aber erst mal erzähle ich euch, was zuvor mit mir geschah, bis ich nach Deutschland gekommen bin.

Ich hatte ja schon mehr als zwei Jahre in der Auffangstation verbracht, und hatte es schon aufgegeben, jemals wieder ein neues Zuhause zu finden. Seit Anfang 2005 war ich immer mal wieder auf der Seite von Tiere-in-Spanien e.V. vorgestellt worden, aber irgendwie hat sich nie einer für mich interessiert. Ich sah wohl zu sehr nach einem Wolf aus. Auch meine Beschreibung war nicht sehr zu meinen Gunsten, aber was sollten sie auch anderes machen, mich schön reden? Um dann in Deutschland wieder direkt in ein Tierheim abgeschoben zu werden? Hier mal die Beschreibung:

Cenour ist ein Podenco Mischling von etwa 5 - 7 Jahren. Er wurde von seinem Besitzer zum Toeten abgegeben, weil er ihm zu alt war. Er ist von netten Hundedamen schwer begeistert, ist etwas launisch im Wesen, und anfangs ein wenig reserviert und unabhaengig. Er ist etwa 45 cm gross und wartet doch schon so lange. Soll er denn den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen? Wir suchen Menschen, die ihn so nehmen wie er ist.

So ging das 2 lange Jahre. Ich will mich ja nicht beschweren, am Anfang war es klasse. Ich konnte dösen, wann ich wollte, ich brauchte nicht mehr zur Jagd zu gehen, und ich bekam auch keine Schläge mehr, aber irgendwie fehlte etwas und so langsam schien ich alle Hoffnung auf zu geben. Ich wollte einfach nicht mehr. Wenn ein Pfleger in den Zwinger kan, dann bin ich abgehauen. Die Weibchen im meinem Zwinger fingen an mich zu mobben und ich liess es einfach zu. Ich wollte einfach nicht mehr.



Wie ihr sehen könnt, hatte ich einfach keine Lust mehr. Und dann kam ich nochmal als letzter Versuch auf die Seite, als Notfall. Frau Perlwitz ahnte, dass ich den Winter von 2006 auf 2007 sehr wahrscheinlich nicht mehr überleben würde. Ich war abgemagert und wollte nur noch alleine sein. Es geschah das Wunder, man fand eine Pflegefamilie für mich in Deutschland. Die hatten sich einfach so gemeldet, weil sie mir helfen wollten. Ich konnte es gar nicht fassen, und als sie mich in so eine Transportbox packten, da wusste ich wirklich nicht, was ich davon halten sollten. Geht es jetzt über die Regenbogenbrücke? Oder wird es jetzt noch schlimmer?

Meine Pflegefamilie liess mich erst einmal ankommen, obwohl ihre Terrierdame mir gleich am ersten Abend klarmachte, wo ich in der Rudelordnung stand. War mir auch ehrlich gesagt egal. Ich wollte nur irgendwo schlafen, und wenn es auf dem Boden anstatt in ihrem Körbchen war, kein Problem. Ich hatte die letzten Jahre eh nur auf staubiger, festgestampfter Erde geschlafen.

Aber ich bekam eine eigene Decke, die war weich, roch gut und ich konnte mich strecken und recken ohne dass meine Pfoten den Holzboden berührten. Ich muss ehrlich sagen, ich habe meine Nase ein paarmal tiiiiiief in die Decke gesteckt und geschnuppert. Das war wie im Paradies, so gut und frisch aber total anders, als alles was ich bisher geschnuppert hatte.

Die beiden Zweibeiner nahmen mich innerhalb der ersten Woche mit zum Tierarzt, dabei redeten sie immer wieder mit mir, was ich aber nicht verstand. Ich sah nur, wie sie ihre Münder auf und zu machten, meine Ohren waren ja schwer entzündet und ich konnte nichts hören. Ausserdem tat mir mein Bauch weh, weil eine Brustwarze entzündet war. Als ich sie mir dann aufriss an einem Strauch beim Gassigehen - das musste ich auch erst mal lernen, an einer Leine von einem Baum zum anderen zu gehen und mich auf den Zweibeiner verlassen, der mit mir ging - nahmen sie mich mit zum Tierarzt. Der fand dann, dass ich sofort operiert werden sollte und auch meine Ohren gesäubert werden sollten.

Danach wurde alles besser, die Brustwarze kam ab und es schmerzte nicht mehr. Aber meine Ohren! Das tat soooo weh. Meine Trommelfelle waren durch und die Ohren mussten jeden Tag vom Eiter befreit und gespült werden. Seither gehe ich nicht mehr gerne zum Tierarzt.

Der Winter kam und ich bekam mein Winterfell, zum ersten Mal in Jahren hatte ich wieder seidigweiches Fell und eine Wolfsmähne. Ich sah gut aus und auch meine Pflegemama fand es toll. Von ihr liess ich mich als allererstes massieren und knuddeln und lieb haben. Sie nennt mich Erhabener, weil ich immer so ruhig bin. Sie meinte ich hätte mein eigenes inneres Zen gefunden.
Sie hat fast geweint, als ich nach Monaten das erste Mal zu ihr kam, um meine Lefzen kraulen zu lassen. Seitdem ist sie meine Liebste. Ich mag ja Mädchen und mein Frauchen ist die Beste. Ich könnte sie stundenlang ansehen, und wenn sich jemand zwischen mich und mein Frauchen stellt, dann setze oder stelle mich um, damit ich wieder freie Sicht habe. Während ich Frauchen zum Kuscheln habe, kann man mit Herrchen wunderbar kämpfen. Wir streiten uns immer um meine Kauknochen. Das macht Spass, dann knurre ich und fletsche die Zähne. Manchmal jammere ich auch herzerweichend, seitdem heisse ich nur noch Jammerläppchen.


Der Winter ging schnell vorbei und sooo kalt war es auch nicht, wie ich gedacht habe. Jedenfalls wurde es bald Frühling und ich fühlte mich wohl. Meine Pflegemama macht jeden Morgen beim langen Gassigehen Übungen, damit ich verstehe, was sie von mir will. Ist nicht so einfach, manchmal bin ich etwas dusselig, aber ich verstehe immer mehr. Ich will ja auch wissen, was die beiden von mir wollen und es macht Spaß, belohnt zu werden, wenn ich etwas richtig gemacht habe.

Alles hätte so schön sein können. Bis ein Anruf kam, dass sich Interessenten für mich gefunden hätten. Ich wurde heraus geputzt und dann fuhren wir ganz lange. Die Hündin war nett und es lag sehr viel Leckerli in der Wohnung rum - ich bin ja ein Süsser, für Schokolade tue ich alles. Aber ich durfte weder die Weingummies noch die Schokolade futtern.

Meine beiden Pflegezweibeiner priesten mich in den größten Tönen an, was ich eigentlich gar nicht gut fand. Ich sollte hier weg? Ohne meine liebste Pflegemama? Ich dachte einen kleinen Moment daran, mich daneben zu benehmen, aber ich wusste, die beiden waren so stolz auf mich, da liess ich das lieber. Jedenfalls wollten die Interessenten mich nicht mehr, als sie hörten, ich wäre taub. Bitte! Kein Problem, geh' ich eben mit meinen Pflegeeltern wieder zurück. Ätsch!

Aber das war das allerbeste, denn am Abend war es schon so weit. Ich bleibe. Wenn sich niemand mehr findet, dann gehöre ich ganz offiziell zum Rudel und Chica kann mich weiter angiften. *grins* War mir auch lieber so. Und am 10. Juni war es dann soweit. Ich bleibe!

Als es dann so richtig warm wurde, ging es nicht nur fast jeden Tag an den Rhein, nein, ich durfte endlich frei laufen und BADEN. Na ja, zu hause darf ich auch baden, und mit Frauchen macht es immer Spaß, weil sie dann mit dem Brausestrahl meine Flanken und Beine massiert, aber so mit allen vier Pfötchen bis zum Bauch im Wasser stehen und den Fischchen zu sehen - einfach nur GENIAL!

Und Steine und Stöckchen schnappen! Papa wirft und ich fange. Besser als alles andere! Vielleicht sogar noch besser, als um den Kauknochen kämpfen.

Ich mag meine beiden Zweibeiner, und Chica auch. Ich kann lange schlafen, wenn ich will, und wenn ich mal früh aufstehe, dann ist sofort jemand da, um mich zu bespaßen. Es gibt nichts besseres, und ich hoffe, noch viele andere Hunde haben so ein großes Glück wie ich.

Dieses eine Jahr hat viele Veränderungen gebracht, ich bin zu hause, meinem ersten richtigen Zuhause seit ich denken kann. Hoffentlich werden es noch viele Jahre werden, denn hier kann ich bleiben, hier kann ich sein.

Euer Cenour ... auch Rübennase genannt.

 

2005 - Ein zerrupftes Wölfchen
Will mich denn niemand?
2006 - Ich wollte nicht mehr
Alles war zu viel
Schlafen - schlafen - schlafen
Der erste Herbst mit Chica
Ich bekam mein Winterfell
und sah aus wie ein Wolf
Kauknochen ohne Ende
2007 - ich lerne Zeichensprache
und übe Kommandos
meine zweite grosse Liebe - der Rhein
Steineschnappen
 


© Chica 2006-2007