Pflegehunde - Temporäre Familienmitglieder
Pflegehunde aufzunehmen bedeutet zwar viel Arbeit, aber es ist immer wieder klasse einen Tierschutzhund in ein neues, tolles Leben begleiten zu können. Man nimmt einen Hund, kennt vielleicht nur die wenigen Details, die die Tierschützer vor Ort ausfindig machen konnten und dann lernt man den Hund kennen ... es ist immer wieder wie das Öffnen einer Wundertüte - wie entwickelt sich der Hund?

Jeder Hund ist anders, und man muss sich immer wieder von neuem auf einen neuen Hund einstellen - manche Pflegehunde sind einfach nur aus schlechter Haltung und sind schon dankbar für ein warmes Körbchen und sauberes, regelmässiges Fressen. Andere Hunde sind so mit Panik erfüllt, dass sie sich aus keiner Ecke trauen. Wieder andere sind wilde Hummeln und entwicklen sich zu traumhaften Familienhunde. Eine Pflegefamilie muss sich auf alle Eventualitäten einstellen können.

Als Pflegefrauchen oder Herrchen muss man schon ein verdammter Idealist sein, mit einem guten Magen und dem Herz auf dem rechten Fleck. Denn was man an Hundeelend zu sehen bekommt, ist nichts für schwache Nerven. Aber wenn man einen Pflegehund wieder hinbekommen hat, wenn er vermittelbar ist, dann ist es das Beste überhaupt. All die Nächte, die man wach am Körbchen saß oder den Kot weg wischte, weil der Pflegi Durchfall hatte, das Stubenreinheitstraining auch mitten in der Nacht, das Leinentraining, die Hundeschule ... die vielen kleinen und großen Rückschläge ... die sind einfach nicht mehr wichtig, wenn man sieht, wie ein Hund in ein neues Zuhause ziehen kann.

Nachfolgend exemplarisch einige unserer Pflegehunde, die uns sehr ans Herz gewachsen sind.

  Die Cs und einige ihrer Pflegekumpels
 
Cenour
Unser erster Pflegehund, wo wir natürlich auch prompt zu Pflegestellenversagern wurden. Er wurde auf 5 oder 7 Jahre geschätzt, war aber wesentlich älter. Er war schon 2 Jahre im Auffanglager in Spanien gewesen und hatte sich dort komplett aufgegeben.
Als wir ihn bekamen war dieser Podi Mix mit Schulterhöhe von 54 cm auf 11,5 Kilo herunter gemagert. Sein Fell war struppig und rauh und er war nicht ansprechbar. Autistisch, in seiner eigenen Horrorwelt gefangen. Eine gebrochene und in Spanien von seinem ehemaligen Besitzer niemals behandelte rechte Pfote liess ihn schwer humpeln. Ausserdem kam er mit einer beidseitigen, chronischen Mittelohrentzündung, die ihm in beiden Ohren die Gehörknöchelchen so stark geschädigt hatte, das er komplett taub war.
Ein halbes Jahr dauerte es, bis er Interessenten hatte, doch die wollten dann keinen tauben Hund. Cenour war aber mittlerweile ein fast normaler Hund geworden, ein wahrer Goldschatz und so wurden wir zu Pflegestellenversagern. Heute ist er mein Prinzlein, mein Seelenhund, mein Baby-Bear, mit seidigweichen Fell, einen etwas clownigen Charakter und ein wahrer Mahatma Ghandi in Hundeform.

UPDATE: Cenour ist am 19. Juni 2010 über die Regenbogenbrücke gegangen. Er war wohl 13 oder 14 Jahre alt.
 
Lucy ehemals Lucia
Sie war ein Wochenend-Pflegehund, der noch auf seine neuen Herrchen warten musste, bis diese aus dem Urlaub wieder kamen.
 
Emma ehemals Cleo
Auch sie sollte nur einen kleinen Zwischenstop bei uns einlegen, blieb aber eine Woche, bis sie endgültig vermittelt wurde. Emma ist eine Collie/Podi Mischung aus Spanien und kam mit 6 Monaten zu uns. Eine wilde Hummel, agil, superlieb und zu allen Schandtaten bereit - Welpchen eben.
Unsere damalige Assistenz-Tierärztin hat sich unsterblich in sie verliebt und nun ist Emma hier in Düsseldorf ein Teil eines Mini-Rudels geworden und erfreut sich ihres jungen Lebens. Sie wird immer größer, hinten höher gelegt wie ein typischer Podi, lauffreudig, spielwütig und einfach nur süß.
 
Djulia
Djulia kam aus dem St. Petersburger Tierheim und ist ein Welsh Corgi, zwischen 4 und 6 Jahren. Sie war nur ein Superkurzzeitpflegi und machte einen Zwischenstop bei uns, um ins Tierheim Garmisch-Partenkirchen zu gehen. Mittlerweile ist sie vermittelt und lebt mit ihrer neuen Familie und Kindern auf einer Alm. Eine absolute süße, liebevolle und wundervolle Maus.

UPDATE: Leider ist sie ein Rückläufer, sie soll jemanden gebissen haben, dies glauben weder wir noch der Hundetrainer des lokalen Tierheims. Leider machen sich viele Neu-besitzer nicht die Mühe genau darüber nach zu denken, wenn sie einen Hund holen, ob nun aus dem Tierheim oder vom Züchter. Es ist viel Arbeit einem Tier ein schönes Zuhause zu geben. EIn Tier ist kein Spielzeug, dass man auf Verlangen aus dem Regal holen kann, es ist ein Familielnmitglied, ein Kleinkind, dass gefördert und gefordert werden will.
 
Azalena ehemals Henrietta
8 Jahre alt, schwarz, Strassenhund. Keine guten Vermittlungsaussichten für Azalena im Tierheim St. Petersburg. Einen Monat in Deutschland und diese wunderschöne, ruhige, liebebedürftige Omi hat ein neues Heim gefunden. Ein Blick in diese Augen und ich wäre beinahe wieder Pflegestellenversagerin geworden. Zusammen mit Hundedame Zlatha und 3 Katzen lebt sie mit ihren zwei Frauchen jetzt in Wuppertal zusammen.

UPDATE: Leider war Lenchen nur 44 Tage in ihrem neuen Zuhause gegönnt, bevor der Krebs zu schlug. Tapfer hat sie all' die Jahre ausgeharrtt ein eigenes Körbchen zu bekommen, und dann hatte sie es geschafft. Doch leider war der Krebs so weit fortgeschritten, dass sie in liebevollen Armen für immer einschlafen konnte. Leider ist dies die Schattenseite, wenn man ältere Hunde nimmt. Das Blutbild war jedenfalls unauffällig und ohne die Metastasen in Lunge und am Rückgrat hätte sie uralt werden können.
Hätten wir gewusst, dass sie an Krebs im fortgeschrittenen Zustand erkrankt war, wäre sie bei uns auf Sterbestelle geblieben. Mach' es gut, liebe Lena. Unsere Chica erwartet dich im Hundehimmel.
  Lulu
Geboren am 15.03.2008 in einer spanischen Tötungsstation als Zcafira. Sie ist eine Dackel-Yorkie Mixdame und einfach nur zuckersüß. Wie alle Dackelchen hat sie eine sture Seite, die aber mit Konsequenz in der Erziehung und mit Hilfe ihrer Verfressenheit in die richtigen Bahnen gelenkt werden kann. Sie sucht noch ein Zuhause. Vielleicht verlieben sie sich ja in diese kleine, große Dame.

UPDATE: Lulu bleibt. Sie und unsere kleine Panikhündin haben sich wunderbar angefreundet und bilden ein tolles Team. Zum zweiten Mal in 4 Jahren sind wir Pflegestellenversager geworden.

Mehr Fotos hier.
  Poppy
Die kleine Chihuahua-Dackel Mix Hündin wird auf circa drei Jahre geschätzt und ist nur 35 cm groß. Sie kommt aus Spanien, wo sie von ihrer damaligen engl. Familie einfach in der Wohnung zurück gelassen wurde, als diese wieder nach Großbritannien zurück kehrte. Poppy ist eine zauberhafte, sanfte Hündin, gelehrig und hat einen 'will to please'. Ausserdem ist sie mit anderen Hunden und Kleintieren kompatibel. Sie besitzt keinen Jagstrieb und ignoriert unsere Hühner und Enten. Leider hat sie ein Problem: Hinsichtlich ihrer Vorgeschichte kann sie nicht alleine bleiben. Sie scharrt an der Türe und steigert sich so sehr in ihre Panik hinein, dass sie sich auch manchmal übergibt. Ansonsten ist sie sehr pflegeleicht, kann schon die Grundkommandos und ist sehr gelehrig (gegen ein Leckerchen Entgelt). Natürlich werden wir weiter mit ihr das Alleinbleiben üben, vielleicht wird sie sich so weit beruhigen, dass sie doch noch - wenigstens Stundenweise - allein bleiben kann.

UPDATE: Poppy ist nach Schleswig Holstein gezogen, auf einen Bauernhof mit Pferden, Hühnern und Enten. Dort hat sie eine große vierbeinige Spielgefährtin und 2 kleine Zweibeiner, die sie schon jetzt lieben und bekuscheln. Alles Gute, du süße Maus!
  Lir
Er stammt aus Moldawien und hatte wohl dort einen Unfall, da seine Hinterpfote verkürzt ist. Trotzdem kann er damit Treppensteigen, auf Stühle klettern und räubern. Er ist sehr wahrscheinlich ein Carpathin Mix, zeigt aber keinerlei typischen Herdenschutz Triebe.

Er hatte eigentlich schon eine Endstelle, doch dort musste er weg, da die Familie nicht mit ihm zurecht kam. Er ist nicht leinenführig (geht aber wunderbar bei Fuß) und hasst ein hektisches Leben. Autofahren toleriert er, aber ihn erst einmal in das Auto zu bugsieren ist langwierig. Er ist ein sehr bodenständiger, noch ursprünglicher Hund, der am besten in einer ländlichen Umgebung aufgehoben ist. Lir (benannt nach einem irischen Seegott) ist ein absolutes Kuschelbärchen und wenn er könnte wie er möchte, würde er zu einem Schoßhündchen mutieren. Er liebt Ruhe und genießt die Nähe zum Menschen. Er zeigt keinerlei Jagdtrieb gegenüber unseren Hühnern und Enten.

UPDATE: Lir hat seine eigene Familie gefunden. Er heisst jetzt Sasha und lebt in Holland, wo er als großer Bruder für die kleine spanische Hundedame Minki und mittlerweile für Droppie und Mishko,  lebt. Er hat einen großen Garten und eine ganz tolle Familie gefunden. Ausserdem nimmt er an einem Therpiehundetraining teil. Mach es gut, mein Prinzlein!!!
 
Samara (ehemals Cocoshka)
Die Hündin stammt aus Chisinau, der Hauptstadt von Moldawien. Sie ist ca. 2 Jahre alt und lebte vermutlich ihr komplettes Leben auf der Straße. Dort ging es ihr nicht gut. Sie wurde von den Menschen vertrieben, geschlagen und gequält. Es wurde erzählt, dass man ihre jungen Welpen vor ihren Augen getötet hat und sie seither den Menschen gar nicht mehr vertraut.

Sie ist scheu, und braucht noch sehr lange bei uns, bis sie zu einem normalen Familienhund wird. Sie läßt sich nicht gerne anfassen und zum Glück ist unser Gelände absolut abgesichert, so dass sie zwischen Haus und Garten hin und her pendeln kann. Aber nach einem Monat kann man bei ihr schon kleine Fortschritte vermerken: Sie frißt aus der Hand, sehr vorsichtig, aber schon mit wachsender Sicherheit. Auch Kraulen läßt sie über sich ergehen, man muß´nur sehr vorsichtig und bedächtig sein. Sie liebt unsere Wohnzimmercouch und hat sich dort ein richtiges kleines Nest gebaut, wo sie sicher und tief schlafen kann.
Als man sie einfing, hatte sie eine sehr starke Hautkrankheit, aber alles ist völlig verheilt und sie hat wieder ein schönes, weiches Kurzhaarfell bekommen.

UPDATE: Sammy bleibt, sie war und ist nicht vermittelbar und so langsam hat sie sich an unser Rudel gebunden und uns Menschen toleriert sie.
 
Balu
Er kam als Notfall direkt aus dem Tierheim in Moskau/Russland. Ein lieber, eigensinniger, alter Bär, der einfach nur seine Ruhe haben will, eine schöne Aussicht auf Landschaft und Himmel und ansonsten keinen Anschluss ans Familiengetümmel sucht. Zu unserer Überraschung hatte er aber direkt Interessenten und er fand sehr schnell ein Ehepaar, das sich vollkommen in ihn verliebt hatte. Leider kühlte sich bei ihm die Liebe ab, und Balu wollte wieder zurück. Die zweite Vermittlung verlief zuerst super, doch auch hier zeigte Balu direkt am nächsten Morgen aus welchem Holz er geschnitzt ist.

UPDATE: Balu bleibt, nachdem er sich jetzt zum zweiten Mal völlig daneben benommen hat und wieder abgehauen ist. Mit diesen Aktionen zeigt er uns, wo er bitte schön bleiben will ... in seinem Garten, also bei uns.

Am 09.12.2016 im hohen Alter von ca. 15 Jahren über die Regenbogenbrücke gegangen
 

© Chicas Welt 2006 - 2017